Emergenz
Mit Maschine Learning überschreiten wir die Grenzen der erkennbaren Wirklichkeit und verwenden Konzepte für die niemand Prognosen erstellen kann. Das Verständnis innerhalb dieser Thematik ist mit üblichen Maßstäben nicht zu messen.Die Auseinandersetzung mit ML und Emergenz erfolgte aus dem Gedanken heraus, sich einem solchen System mit etwas bekanntem anzunähern. Dem Empfinden. Die Installation modelliert in einfacher Weise die aus einem gemeinsamen Ursprung entstandenen Systeme Mensch & Maschine. 

Die Arbeit wird nach Projektende fortgesetzt.

Emergenz (lateinisch emergere „Auftauchen“, „Herauskommen“, „Emporsteigen“) bezeichnet die Möglichkeit der Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht – oder jedenfalls nicht offensichtlich – auf Eigenschaften der Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen. So wird in der Philosophie des Geistes von einigen Philosophen die Meinung vertreten, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft des Gehirns sei.

  
  
  hidden layers - 
überarbeitete Version 20.11. für Ausstellungstext
Lernprozesse des maschinellen Lernens laufen nach regelbasierten Schemata und Kategorien ab. 
Die iterative Verfeinerung benötigt zahlreiche Durchläufe und Prozess-Schichten. 
Ganz wesentlich dabei ist, dass am Anfang eine gewisse Datenbasis als Referenzmenge oder „ground truth“ bestimmt wird, anhand derer ein
System lernt, „richtig“ und „falsch“ zu klassifizieren. "hidden layers" überträgt dieses Schichtverfahren in einen
ästhetischen Kontext. Als Ausgangsmaterial dienen maschinell generierte Straßenbilder, die als Videoprojektionen auf bzw. über reale Orte der Stadt gelegt wurden. Das gefilmte bzw.
fotografierte Resultat lässt die reale Struktur mit dem fiktiven Content der Projektion verschmelzen, Strukturen und Beschaffenheit des Realen schreiben sich als Textur in die entstehenden Bilder
ein. Die generierten Bilder werden in Analogie zum Processing in maschinellen Lernvorgängen durch den realen Untergrund erneut umgeformt oder überschrieben. Es bleibt die Frage, anhand welcher Kriterien wir Realität und Fiktion in unserer Wahrnehmung bestimmen, und wie dauerhaft oder flüchtig Eindrücke sein sollen, damit wir sie als "wahr" einschätzen.



mein gedicht zum programm als textvorschlag

sie trug die dunkelheit als abendkleid

es war so stille im refugium 
in dunkler umgebung blieb ich stumm 
ein wenig licht drang durch das glas meiner vitrine 
an mein ohr drang das geräusch einer maschine 
sie trug die dunkelheit als abendkleid 
ich tanzte dann mit ihr durch diesen raum 
das licht, 
es war wohl nur ein traum. 
merna

Die Emergenz des maschinellen Lernens

Emergenz (lateinischemergere„Auftauchen“, „Herauskommen“, „Emporsteigen“) bezeichnet die Möglichkeit der Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht – oder jedenfalls nicht offensichtlich – auf Eigenschaften der Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen. So wird in der Philosophie des Geistes von einigen Philosophen die Meinung vertreten, dass Bewusstsein eine emergente Eigenschaft des Gehirns sei.
(Quelle: wikipedia)

Emergenz
  1.         
  2. Begriff         der neueren englischen Philosophie, wonach höhere Seinsstufen durch         neu auftauchende Qualitäten aus niederen entsteht.
  3.         
  4. (Fachsprache,         besonders in der Wissenschaftstheorie) das Auftreten neuer, nicht         voraussagbarer Qualitäten beim Zusammenwirken mehrerer Faktoren.
(Quelle: Duden)            

Die Eigenschaft eines Systems ist emergent, wenn man bei der Beschreibung aller Eigenschaften der Einzelteile (Konstituenten) des Systems auf diese Eigenschaft verzichten kann. 
(Zitat:W. Kinnebrock. Aus dem Buch „Künstliches Leben“ (1996), Seite 104) 

Installation:

Der Laserstrahl bewegt sich waagerecht in der Zeit. Er ist der symbolische Datenträger für die Inhalte der Erinnerungen und sendet diese durch den Raum. Er wandelt sie durch Reflexion in eine neue Form. Die physikalische Oberfläche bestimmt schlussendlich, wie diese Erinnerungen für uns sichtbar werden.
Positive und negative Emotionen sind durch senkrechte Spitzen dargestellt. Das Nachleuchten der benutzten Folie symbolisiert die Vergänglichkeit. Die Folie selbst ist der wird zum Träger der Erinnerungen.

Emergenz
Die Grundlage für die Installation bildet ein Datensatz, der persönliche Aufzeichnungen und Erinnerungen über den Projektzeitraum enthält. 
In der Laserprojektion wandert ein Lichtstreifen als waagrechte Linie über eine nachleuchtende Folie nach oben und repräsentiert damit den Zeitverlauf. Er ist der sympolische Informationsträger, in dem erinnerte Emotionen durch senkrechte Spitzen dargestellt werden. Die Folie wird zum Träger der Erinnerungen; ihr Nachleuchten symbolisiert die Vergänglichkeit.



An Martin:
Wenn ich anfange, Fehler zu korrigieren, von denen Du sprichst, und das nach Regeln, zu denen ich keinen Bezug habe, verliert sich alles, was meine persönliche Note ausmacht, in einer Grammatik, die nicht meine ist. Lieber mache ich mir eine nach meiner Fantasie, als dass ich meine Worte Regeln unterwerfe, die nicht zu mir gehören.
(Quelle: bei Anfrage)


sensu lato :: im weiteren Sinne 

akademie graz vermittlung von kunst, kultur und wissenschaft 
neutorgasse 42, A 8010 graz 
mo-mi 10-17 h, do 10 - 20 h und fr 10-14 h 
und nach vereinbarung
ausstellung und dokumentation  
24.11. – 14.12.2018 
eroeffnung freitag 23.11.2018 
19 h
Brunch :: samstag 24.11.2018 ab 13 h   
Making of :: donnerstags 28.11., 06. und 13.12.2018 
jeweils 16-20 h

logos fördergeber 


mur.at :: konzept ML eingereicht 2017 
[ Jogi Hofmüller, Martin Schitter ]
gefördert durch :: Kulturamt der Stadt Graz, Kulturreferat Land Steiermark, BKA Kunst 

Programm 2018
ab Ende Jänner 2018 jeden Donnerstag :: Gespräche Lectures Präsentationen 
Teilnehmer*innen :: Merna El-Mohasel, Christian Gölles, Reni Hofmüller, Jogi Hofmüller, Dietmar Jakely, Margarethe Maierhofer-Lischka, Dorian Santner, Martin Schitter, Adrian Spataru
Gäste :: Alexander Brandtner, Seppo Gründler, Elena Peytchinska, Martin Rumori
Symposium :: 24 – 27 05 2018 :: Im Netz der Sinne 
mit :: Adrian Spataru, Arthur Flexer, Dorian Santner, Thomas Grill, 
Rebecca Fiebrink, Luis Rodil Fernández, Arno Heimgartner. 
Ausstellung Dokumentation :: 23.11. – 14.12.2018 :: sensu lato (im weiteren Sinne)
Brunch :: 24.11.2018 :: 13 h
Making of :: donnerstags 28.11., 06. und 13.12.2018 :: jeweils 16-20 h 
mit :: Merna El-Mohasel, Christian Gölles, Reni Hofmüller, Jogi Hofmüller, 
Dietmar Jakely, Margarethe Maierhofer-Lischka, Dorian Santner, Martin Schitter, Adrian Spataru
Link zur Projektseite:  https://mur.at/project/sensu-lato/

impressum :: mur.at  
2018
[ Merna El-Mohasel, Christian Gölles, Reni Hofmüller, Jogi Hofmüller, Dietmar Jakely, Margarethe Maierhofer-Lischka, Dorian Santner, Martin Schitter, Adrian Spataru ]


Christian Text überarbeitet
Machine-Learning? 

Ich weiß nicht, wie eine Maschine lernt. 

[Abseits einer ordinären Betrachtungsweise dieser Algorithmen, implantierte ich in meiner Arbeit den Gedankenfaktor Emotion. In Zeitraffer simuliert, manifestiert sich die visuelle Darstellung der genutzten Datenmenge.] (besser weglassen oder vernünftiger formulieren - mash)
 
Die Grundlage für die Installation bildet ein persönlicher Datensatz. Er beinhaltet den erlebten Prozess während des Projektzeitraums.

foto wird an jakob geschickt


Installation:

Der Laserstrahl bewegt sich waagerecht in der Zeit. Er ist der symbolische Datenträger für die Inhalte der Erinnerungen. Er sendet die Erinnerungen durch den Raum und wandelt sie durch Reflektion in eine neue Form. Die physikalische Oberfläche bestimmt schlussendlich wie diese Erinnerungen für uns sichtbar werden.
Positive und negative Emotionen sind durch senkrechte Spitzen dargestellt. 
Das Nachleuchten der benutzten Folie symbolisiert die Vergänglichkeit. Die Folie selbst ist der Träger der Erinnerungen.




Mein Beitrag und mein Textvorschlag für die Broschüre (Merna)
Mein Beitrag besteht aus diesem Code, den ich auch als Text für die Broschüre übermittle.

C:\tmp>python ml.py
5761732073656865206f64657220686f657265206963682c2077656e6e20646965204d61736368696e65206c65726e743f
5374696c6c652e
44756e6b656c6865697420756e64204c696368742e

 

kry1 = 'Was sehe oder hoere ich, wenn die Maschine lernt?'
kry2 = 'Stille.'
kry3 = 'Dunkelheit und Licht.'
enc1 = kry1.encode('utf-8')
enc2 = kry2.encode('utf-8')
enc3 = kry3.encode('utf-8')
print(enc1.hex())
print(enc2.hex())
print(enc3.hex())



(reni: merna - superschön!)


<Jogi-Ophrys modifiziert/erweiter für Saalzettel>
Ophrys artificialis s.l.

Auf die Klassifizierung von Bildern mittels Neuronaler Netze folgt als nächster Schritt die Erzeugung künstlicher Bilder.  Unter Verwendung von Generative Adverserial Networks (GANs) begannen wir, die Maschine Orchideen zeichnen zu lassen. Schritt für Schritt nähert sich das Netz etwas an, das als Bild einer Orchidee gelten könnte.  64 Pixel im Quadrat klein sind die Bilder und zigtausende davon ließen wir zeichnen.  Die Serien zeigen das langsame Entstehen eines immer konkreter werdenden Bildes einer Pflanze.  Welches Verständnis die Maschine von der Orchidee hat, bleibt offen.

Die Bilder wurden mit der leicht modifizierten Pytorch-Refernzimplementierung aus dem Paper "Unsupervised Representation Learning with Deep Convolutional Generative Adversarial Networks" erzeugt.  https://github.com/pytorch/examples/tree/master/dcgan.  Das ausgestellte Bild besteht aus 9.600 Einzelbildern (je 64x64 Pixel klein) aus den letzten 150 Berechnungszyklen.

</Jogi-Ophrys>

<Jogi-Strassen>
Neuleittorgasse

Ein Neuronales Netz, gefüttert mit mehr als 100.000 Bildern von Straßen der Stadt Graz wird dazu benutzt, neue Ansichten der Stadt zu generieren.  Vertraute Gebäude sind bald erkennbar, doch der gesamte Straßenzug will sich nicht so ohne weiteres am Stadtplan finden lassen.  Wieder sind es tausende Bilder, aus denen eine Auswahl zu treffen ist.  Der eigene Begriff für Ästhetik wird zum Kurator, und bestimmt, was als potentielles Kunstwerk präsentiert werden wird.  Die Frage, wer das Bild geschaffen hat, bleibt unbeantwortet.

Alternierend sind zwei Arbeiten zu sehen:  Baustelle und White Car.  Die Einzelbilder (je 512x512 Pixel groß) wurden mit einer stark modifizierten Version des Deep Convolutional Generative Adverserial Network's aus dem Paper "Unsupervised Representation Learning with Deep Convolutional Generative Adversarial Networks" erstellt. Das Netz wurde mit rund 100.000 Bilder von Mapillary (https://www.mapillary.com/map) gespeist wurde.

</Jogi-Strassen>



--- stichworte martin ---

„Gedanken ohne Inhalt sind leer, 
Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“ 
(Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft B75, A48)

„[D]ie Funktion für sich allein ist unvollständig,
ergänzungsbedürftig oder ungesättigt zu nennen“ 
(Gottlob Frege, Funktion und Begriff 6). 

"Gegenstand ist alles, was nicht Funktion ist, 
dessen Ausdruck also keine leere Stelle mit sich führt" 
(Gottlob Frege, Funktion und Begriff 18).

----------------------------------------------------------------------------

Persönliche Fragestellung ganz am Anfang:
Verhältnis von Bild und Sprache

Die Hoffnung, dass diese Techniken neue Möglichkeiten eröffnen würden, anders an visuelle Sinneseindrücke heranzugehen bzw. der Dominanz von sprachlich strukturierten Mitteln der Beschreibung -- speziell: Programmiersprachen -- zu begegnen.

Eine Auseinandersetzung mit den verwendeten Mitteln, die Programmabläufe in Computern im wesentlichen nur als praktische Anwendung logisch-formaler Argumentation und Beschreibung versteht und mit einer umfassenderen geistesgeschichtlichen Tradition in Beziehung setzt.

Diese Hoffnung geht/ging nur z.T. auf:

Im Gegensatz zu tradionellen technischen Heranghensweisen werden derartige Systeme tatsächlich an Hand von konkreten Beispielen trainiert und nicht alleine nur durch schriftlich ausformulierte Programme bzw. Verarbeitungsanweisungen., trotzdem bleiben Entscheidungskriterien und Kategorien -- die Zuweisung von 'Labels' -- weiterhin unumgänglich.

Nicht der individuellen Eindruck, sondern vorgegebene strukturierende Kategorien und Optimierungskriterien bestimmen auch weiterhin das Geschehen.

(Kinderbücherillustrationen)


Künstlerischer Nutzung:

Die meisten bekannten Anwendungen (style transfer etc.) wirken ausgesprochen unbefriedigend. Welchen Sinn soll es machen, Malstile nachzuahmen, ohne dabei den Entstehungszusammenhang und intellektuellen Hintergund mitzuberücksichtigen, der mit der Erschließung solcher Ausdrucksformen ursprünglich verbunden war, sondern nur mehr deren oberflächliche Erscheinung?

Auch generative Techniken bieten keine Perspektive. In reichlich beliebiger Weise erfüllen sie nur eine festgesetzte Vorgabe in täuschend glaubwürdigen Variationen.

Deshalb die Umkehrung des Blickrichtung -- Werke der Kunst als Gegenstand.

Dass dabei mit vertretbarem Aufwand nur sehr wenig erkannt und herausgehoben werden kann, stört nicht weiter. Es reicht, die Klasse "Person" bzw. "Mensch" in den Bildern zu identifizieren und verschwinden zu lassen bzw. als klaffende Lücke und Leerstelle sichtbar werden zu lassen. <-- der Ansatz gefällt mir (=Jogi) gedanklich sehr gut! (reni: ebenso)


überarbeitete fassung:
    
"melancolia II"

Obwohl die oberflächliche Nachahmung bildnerischer Ausdrucksmittel häufig genutzt wird, um die Fähigkeiten von ML Techniken unter Beweis zu stellen, hat das mit künstlerischem Anstrengungen meist genauso wenig zu tun zu wie mit sinnlich erfahrbarer Reflexion der verwendeten Mittel und ihrer Grundlagen.

Aber auch in die andere Richtung vermag man man nicht sehr weit vorzudringen. Das Spiel mit den komplizierten Werkzeugen -- hier z.B. sgn. /semantic segmentation/ -- bleibt rudimentär und unbeholfen. Sehr viel vermag man damit in den Bildern noch nicht zu erkennen und herauszuheben.
Es reicht aber zumindest, um die Kategorie "Person" bzw. "Mensch" maschinell zu identifizieren und zum Verschwinden zu bringen -- sie nur mehr als klaffende Lücke und Leerstelle erscheinen zu lassen.

reni: sehr schön

zu den bildern:
1. Die Schule von Athen, Raffael, 1510-1511 -- semantic segmentation
2: Adam und Eva, Albrecht Dürrer, 1507 -- semantic segmentation

ps:

hier übrigens noch das einleitende kant-zitat in seinem ursprünglichen kontext, damit vielleicht noch ein bisserl besser klar wird, warum es was mit der ganzen geschichte unds unserem verantaltungstitel einiges zu tun haben könnte bzw. warum ich es eigentlich schon gerne drinnen hätte:

"Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben und ohne Verstand keiner gedacht werden. 

Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Daher ist es eben so nothwendig, seine Begriffe sinnlich zu machen (d. i. ihnen den Gegenstand in der Anschauung beizufügen), als seine Anschauungen sich verständlich zu machen (d. i. sie unter Begriffe zu bringen). Beide Vermögen oder Fähigkeiten können auch ihre Functionen nicht vertauschen. Der Verstand vermag nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, daß sie sich vereinigen, kann Er|kenntniß entspringen." (reni: das ist sehr schön! ev ginge es für den folder, "nur" die ersten zwei sätze zu verwenden? dann lässt es sich schon besser fassen.)

---

Zur Schreibweise:  Jak meinte heute in einem Email, er kennt "sensu lato" nur klein geschrieben.  Ich finde das auch sehr schön, und schlage hiermit vor, sämtliche Vorkommen des Titels so zu schreiben: (reni: finde das sehr schön) maggie: ja, da es Latein ist würd ich es auch generell klein geschrieben lassen
    

sensu lato :: im weiteren Sinne

Im Zentrum der künstlerischen Arbeit von mur.at steht 2018 das
Thema Machine Learning.  Unter Machine Learning verstehen wir ein Verfahren, bei
 denen Maschinen aus einer Vielzahl von Beispielen Muster extrahieren und
diese verallgemeinern können. Weitgehend verborgen, beeinflussen
derartige Systeme  zunehmend unser Leben.

In der Ausstellung sensu lato - im weiteren Sinne präsentiert das
Projektteam die Ergebnisse der knapp einjährigen Auseinandersetzung mit
verschiedenen Formen maschinellen Lernens.

Christian Gölles
Dorian Santner
Jakob Jakely
Jogi Hofmüller
Margarethe Maierhofer-Lischka
Martin Rumori
Martin Schitter
Merna El-Mohasel
Reni Hofmüller




Spracherkennung 
ist gängiger Alltag: wenn ich mit Alexa oder Siri oder Hello-Barbie oder anderen "selbstsprechenden" Online-Auskunftsdiensten kommuniziere, ärgere ich mich zwar über unsichtbare Überwachungsmöglichkeiten und Sprechnormierung, aber: wundere ich mich noch über die "Fähigkeit" der Software, das, was ich sage, richtig zu interpretieren?
Was ist, wenn der Computer nein sagt, also meine Aussprache nicht versteht?
Testserien mit Fieldrecordings wie zB Unterwasseraufnahmen. Gesprochene Sprache und der Versuch, Klang zu generieren, der zwar nach Sprache klingt, aber keine Bedeutung mehr transportiert. Und könnte mir das nicht auch trotz aller Ablehnung des Manipulationspotentials von Algorithmen (oder genauer: Programmierlogiken von Menschen, die die Algorithmen gestalten) einfach gefallen?
Reni Hofmüller, Martin Rumori


und Martin Rumori
Scheinbar ist die (oder eine) Aufgabe der Maschine, zu lernen, was Menschen westlicher Prägung als Norm empfinden, und dies möglichst gut nachzuahmen und zu reproduzieren. 
Text-in-Sprachumwandlung oder ganz allgemein Spracherkennung ist beinahe schon gängiger Alltag: wenn ich mit Alexa oder Siri oder Hello-Barbie oder anderen "selbstsprechenden" Online-Auskunftsdiensten kommuniziere oder mir derart in Spanien ein Taxi bestelle, ärgere ich mich zwar über unsichtbare Überwachungsmöglichkeiten einerseits und Sprechnormierung andererseits, aber: wundere ich mich noch über die "Fähigkeit" der Software, das, was ich sage, richtig zu interpretieren? 
Was ist, wenn der Computer nein sagt, also meine Stimme resp. Aussprache nicht versteht?
Und wie geht das weiter, wenn sich das auch auf andere, abstraktere Klänge ausweitet, wie zB Fieldrecordings, also Alltagsgeräusche?
Testserien: Ausgangsmaterial 1 sind Unterwasseraufnahmen. Die Ausgangsfrage ist: was findet und damit erkennt das Machine Learning Programm in diesen sich untereinander sehr ähnelnden, rauschlastigen Geräuschen und welche Klänge erzeugt es daraus?
Und könnte mir das nicht auch trotz aller Ablehnung der Manipulationskapazität von Algorithmen (oder genauer: Programmierlogiken von Menschen, die die Algorithmen gestalten) einfach gefallen? Es könnte ja auch echt interessant klingen. 
Ausgangsmaterial 2 ist gesprochene Sprache und der Versuch, Klang zu generieren, der zwar nach Sprache klingt, aber keine Bedeutung mehr transportiert. 



Text Maggie
Arbeitstitel "hidden layers" (--> Frage an alle: braucht jede Arbeit eigentlich einen Titel?? reni: also ich finds schon schön, weil es dadurch einfacher und eindeutig wird darüber zu sprechen und sich darauf zu beziehen)

Der Begriff "maschinelles Lernen" (genauso wie verwandte Begriffe wie "künstliche Intelligenz" oder "artificial creativity") stellt eine sehr komplexe menschliche Fähigkeit wie das Lernen in den Kontext formalisierter, durch einen Computer gesteuerter mathematischer Prozesse. Dadurch verleitet uns solch ein Begriff zur Vorstellung, menschliches und maschinelles Denken seien gleichwertig, einem Computer seien quasi menschliche Fähigkeiten zuzuschreiben. Der Glaube an wissende, denkende Maschinen, die uns Menschen ebenbürtig oder gar überlegen sind, zählt zu den alten Utopien der westlichen Gesellschaft. In unserem alltäglichen Umgang mit intelligenter Technologie (die zumeist nur in einem engen Nutzungsrahmen gut funktioniert) nehmen wir diese Utopie oft ungefragt als Realität hin. Dabei vergessen wir gern, dass die Lernprozesse eines Computers nach vorher festgelegten Schemata und Kategorien ablaufen; die Verfeinerung der Ergebnisse wird bis zum Erzielen einer gewünschten Trefferquote in mehreren Durchläufen oder Prozess-Schichten durchgeführt.  Ein Computer kann Merkmale von van Goghs Bildern erkennen und sie reproduzieren, kann aber keineswegs einen Kunsthistoriker ersetzen, der analysieren und erklären kann, warum van Gogh ein einzigartiger Künstler war. 

"One very real risk with contemporary AI is that of misinterpreting what deep learning models do, and overestimating their abilities. A fundamental feature of the human mind is our "theory of mind", our tendency to project intentions, beliefs and knowledge on the things around us. Drawing a smiley face on a rock suddenly makes it "happy"—in our minds. Applied to deep learning, this means that when we are able to somewhat successfully train a model to generate captions to describe pictures, for instance, we are led to believe that the model "understands" the contents of the pictures, as well as the captions it generates. We then proceed to be very surprised when any slight departure from the sort of images present in the training data causes the model to start generating completely absurd captions."
(Francois Chollet, The limitations of deep learning, URL: https://blog.keras.io/the-limitations-of-deep-learning.html )


Ein weitere wesentlicher Punkt, den uns maschinelles Lernen zum Nachdenken gibt, ist die Frage nach dem Wahrheits- oder Wirklichkeitsgehalt von durch künstliche Intelligenz generierten Inhalten. Am Anfang muss immer eine gewisse Datenbasis als Referenzmenge oder "ground truth" bestimmt werden, anhand derer ein System lernt, "richtig" und "falsch" zu klassifizieren. Im Zeitalter, wo digitale fake news oft gleichwertig mit Fakten gehandelt werden, erhält die Frage danach, was für uns "real" und "wirklich" ist, eine neue Bedeutung. Wenn Erfahrungen im Virtual-Reality-Raum in den USA bereits zur (Um-)Erziehung von Menschen benutzt werden, führt das ernsthaft zu einer Veränderung menschlichen Verhaltens in der Wirklichkeit? Oder wird nicht vielmehr damit ein Satz des Philosophen und Kulturkritikers Vilém Flusser wahr: "Synthetische Bilder sind eine Antwort auf Auschwitz" (aus: »On Religion, Memory, and Synthetic Image«, enthalten auf der DVD »We Shall Survive in the Memory of Others« Vilém Flusser, C3 Center for Culture and Communication Foundation, Budapest (Hg.), in Kooperation mit dem Vilém Flusser Archiv, Berlin, Verlag Walther König, Köln, 2010, S. 35) Sind wir mit unserer Lust nach digitaler Immersion, nach immer neuen intelligenten Erweiterungen unseres Alltags nicht schon bereit, die Herrschaft der Technologie (und der dahinter steckenden Wirtschaft) über unsere Wirklichkeit anzunehmen, und damit in einen totalitären Zustand zu geraten? Bereits die Künstler der ersten Avantgardebewegungen beschäftigten sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts mit diesen Fragen, und suchten die Wahrehmung der Realität durch künstlerische Interventionen zu verändern.

“Kunst ist eine Wissenschaft der objektiven Systeme der Organisation von Materie. Aber jedes System und jede Organisation wird mittels Methoden (Projektionen) umgesetzt.” (Solomon Nikritin)

Über maschinelles Lernen nachzudenken heißt, über Beziehungen zwischen unserer Wahrnehmung und unserer Umwelt, die wir als Realität definieren, nachzudenken, und über die Prozesse und Techniken, welche diese Beziehung bestimmen. Auch unser eigenes Leben und Er-Leben der städtischen Umgebung (nicht nur in Graz) wird in wachsendem Maße durch virtuelle oder "intelligente" Erweiterungen bestimmt - sei es die App, die uns an der Bim-Haltestelle per Smartphone zu sportlicher Aktivität auffordert, oder das Auto, das per Internet und google-Services mehr über seine Umgebung "weiß" als seine Fahrerin. Diesen Schwebezustand zwischen realer und virtueller Stadterfahrung thematisiert meine Arbeit  "hidden layers". Ich benutze das "Schichtverfahren" der maschinellen Lernprozesse und kehre dieses in einem kreativen und technisch subversiven Kontext (?) um. (reni: fügst du nicht eher noch einen layer hinzu?)Das echte Graz wird zur Projektionsfläche einer künstlichen Realität. Als Ausgangsmaterial dienen die maschinell generierte Stadtbilder von Jogi Hofmüller, die "fiktive" Orte der Stadt Graz portraitieren (die eine fiktive Strasse in Graz schaffen) . Diese Bilder werden als mobile guerilla-Videoprojektionen auf bzw. über reale Orte der Stadt projiziert. Das gefilmte bzw. fotografierte Resultat lässt die reale Stadt mit dem fiktiven Content der Projektion verschmelzen. Je nach der Beschaffenheit des Ausgangsorts schreiben sich Strukturen und Beschaffenheit von Gebäuden, Wänden, Böden usw. als Textur in die neu entstehenden Bilder ein; die maschinell  generierten Stadtansichten werden also mithilfe einer neuen Prozess-Schicht nochmals umgeformt. Bleibt die Realität dabei erkennbar oder nicht? Was erscheint uns "echter", die generierten Bilder oder ihre Projektionsfläche?

--> maggie: hallo leute, ist das mit dem Flusser-Zitat zu krass? ich finde das sehr stark und es sollte unbedingt mit rein, aber vielleicht gäbs noch wen, der das mit mehr philosophischem tiefgang ausformulieren kann als ich? reni: ja, ich finds zu krass, weil ich die verbindung zwischen dem richtig -falsch und VR als umerziehungsumgebung, und dann flusser drauf nicht verstehe - weil: hat flusser damit nicht gemeint, dass abbildung der wirklichkeit nach auschwitz nicht mehr geht? wenn dann müsstest das - für die website - dann näher ausführen, so find ich den sprung zu gross...
--> maggie: ich hab jetzt mal alle quellen der zitate so ausführlich wie möglich dazu geschrieben, am ende reichen im folder sicher die namen aus, langversion könnte ich dann noch für webseite o.ä. liefern reni: das ist immer super, danke!
merna: maggie, ich finds echt gut erklärt und beschrieben

@alle: den flusser hatte ich so verstanden, dass er mit seinem ausspruch das totalitäre potenzial von technologien benennen und kritisieren möchte - also der anspruch, "wahrheiten" zu generieren. aber es ist klar, es ist ein krasser ausspruch und in der kürze sicher mißverständlich. aber dieses kritische moment reinzubringen finde ich extrem wichtig, das sollte schon irgendwo thematisiert werden.

hidden layers - überarbeitete Version 29.10.2018
überarbeitete Version 20.11. für Ausstellungstext
Lernprozesse des maschinellen Lernens laufen nach regelbasierten Schemata und Kategorien ab. 
Die iterative Verfeinerung benötigt zahlreiche Durchläufe und Prozess-Schichten. 
Ganz wesentlich dabei ist, dass am Anfang eine gewisse Datenbasis als Referenzmenge oder „ground truth“ bestimmt wird, anhand derer ein
System lernt, „richtig“ und „falsch“ zu klassifizieren. "hidden layers" überträgt dieses Schichtverfahren in einen
ästhetischen Kontext. Als Ausgangsmaterial dienen maschinell generierte Straßenbilder, die als Videoprojektionen auf bzw. über reale Orte der Stadt gelegt wurden. Das gefilmte bzw.
fotografierte Resultat lässt die reale Struktur mit dem fiktiven Content der Projektion verschmelzen, Strukturen und Beschaffenheit des Realen schreiben sich als Textur in die entstehenden Bilder
ein. Die generierten Bilder werden in Analogie zum Processing in maschinellen Lernvorgängen durch den realen Untergrund erneut umgeformt oder überschrieben. Es bleibt die Frage, anhand welcher Kriterien wir Realität und Fiktion in unserer Wahrnehmung bestimmen, und wie dauerhaft oder flüchtig Eindrücke sein sollen, damit wir sie als "wahr" einschätzen.




Dietmar "Jakob" Jakely
Könnten Fotos von Blüten der europäischen Pflanzengattung Ophrys (Orchidaceae) bereits bekannten Arten oder Hybriden zugeordnet werden? Insektenmännchen schaffen spielend, was ausgebildeten Botaniker*innen nicht immer gelingt, nämlich die Blüten immer richtig zu erkennen.  An Hand von über 2000 Beispielbildern von Ophrys-Blüten aus dem Archiv DJ wurden praktische Versuche angestellt.  Schon nach kurzem Training konnte eine höchst überraschende Trefferquote von 83 Prozent erzielt werden. Die confusion matrix der Überprüfung verdeutlicht, dass sich die Irrtümer bei der Zuordnung vor allem in Kategorien häufen, wo die exakte Abgrenzung der Arten auch unter Botanikern nicht unstrittig ist.

Die Blüten der Gattung Ophrys täuschen mit ihrem Aussehen Insektenweibchen vor, produzieren deren Pheromone (Sexuallockstoffe) und laden so Insektenmännchen zum 
Kopulieren ein. Eine feine Behaarung auf der Blütenlippe sorgt für die „richtige Stellung“ bei der Pseudokopulation und somit für die Entnahme der Pollenpakete, die je nach Art am Kopf oder Hinterleib des „Bestäubers“ eine zeitlang haften bleibt und so auf weitere Blüten übertragen wird. Kreuzungen von Art- oder Gattungshybriden entstehen durch Zufall, Irrtum oder durch so genannte Fremdbestäubung (Wind, Erschütterung, Irrgäste). 

JH speiste 30.000(?) Ophrys-Bilder aus dem Archiv DJ ein, die (von angeführten Filtern oder Programmen) mehrmals berechnet wurden. Es entstand ein pulsierendes animatorisches Bilderwerk. Die Abfolge von Einzelbildern stellen abgeschlossenen Rechenprozesse dar. Virtuelle Arten werden wahrnehmbar und natürlichen Entwicklungen künstliche gegenüberstellt.

Die Fragestellung, ob eine Maschine erlernen kann, hybridogene Formen der europäischen Pflanzengattung Ophrys (Orchidaceae) ihren Elternarten zuzuordnen, ist von Bedeutung, weil Menschen – inklusive ausgebildeter Botaniker*innen – dazu nicht immer fähig sind. Während die Unterscheidung von Hunden und Katzen der Species Mensch offensichtlich problemlos gelingt, benötigen Maschinen dafür Millionen Datensätze und vergleichbare Bilder. 


Kann confusion matrix machine learning durch bzw. die systematische Einspeisung und zielgerichteten Auswahlmöglichkeiten Erschließung von visuellen Unterscheidungsmerkmalen die herkömmliche universitäre Forschungen mittels biometrischer Datenerfassung und -auswertung sinnvoll unterstützen? 


Elena: "Monadographie"
zu G.W.Leibniz’ „Monadologie“
90 Zeichnungen
Computergrafik

In dieser Arbeit wird über zwei mit dem Medium Zeichnung zusammenhängende Aspekte nachgedacht: einerseits über das autonome Generieren visuell-räumlicher Kompositionen anhand datenbasierter Materialbehandlung und andererseits über die Auffassung G. W. Leibniz’ betreffend die Kraft des Bildlichen als eine direktere Wissensübermittlung im Gegensatz zu dem Sprachlichen und die Selbstständigkeit der Zeichnung als Erkenntnisprozess und Schrifttechnik des Denkens.

Der Text der 1714 entstandenen Abhandlung Leibniz’ „Monadologie“ fungiert als Material für das Entstehen der Zeichnungsserie. Die einzelnen Wörter werden als Datenmenge behandelt und nach bestimmten Kriterien organisiert. Das Ergebnis wird in einer Informationstabelle, in einem System verräumlicht. 
Die Zeichnungslinie (in der Form eines Kurvenwerkzeugs eines CAD Programms) durchläuft den auf diese Weise organisierten Raum, indem sie die ursprüngliche semantische Ordnung des leibnizschen Texts wiederherstellt. Die Spur dieses Vorgangs finalisiert visuell die Zeichnung ohne die Intervention der Künstlerin.

 Eine Zeichnung der Serie entspricht einem der 90 Paragraphe der Abhandlung. Das Multiplizieren der Linien konstruiert den Grundriss einer Landschaft, zeichnet ein Netz aus Verknotungen, Überschneidungen, Verknüpfungen – im Werk Leibniz’ stets vorkommende (Denk)Figuren – Geflechte der Berührung zwischen Bild, Ordnung und Sprache.

(die bilder dazu liegen auf: https://wolke.mur.at/index.php/apps/files/?dir=%2FShared%2FIm%20Netz%20der%20Sinne%2Ff%C3%BCr%20Grafik )

Dorians:


Sprachverständnis
ist eine zutiefst menschliche Angelegenheit. Computer können riesige Textmengen durchsuchen und finden für passende Suchbegriffe auch entsprechende Stellen. Ein "Verständnis" von Sprache und deren Begriffe gibt es dabei nicht, dabei wäre gerade das nützlich. 

Synonymsuchen, Wortabstraktion oder Kategorisierung von Begriffen, sowie ganze Satzanalysen lassen sich jedoch mittels Natural Langauge Processing durchführen.Wir haben verschiedene Text-Corpora evaluiert und mit Part-of-speech Tagging, Wortvektoren und Concept-Graphs experimentiert. 

Faszinierend dabei ist, dass die Verwendung von Ansätzen aus dem MachineLearning dabei jetzt schon jeder Modellierung oder Programmierung von Sprachmodellen überlegen ist. Was jedoch schmerzlich fehlt, sind umfangreiche frei zugängliche deutschsprachige Corpora!  



Links und anderes Orga-Zeugs

Zeitplan:  https://lite.framacalc.org/Sensu-lato%20-%20Zeitplan
Budget:  https://lite.framacalc.org/sensu-lato---im-weiteren-sinne